Daniela Knor

Schriftstellerin

Rhönschafe

(Diese Seite ist ein Beispiel für die Beiträge auf meinem Blog „Sehnsucht Rhön“.)

Das Rhönschaf – das liebenswerte Maskottchen der Rhön

Fast wäre diese robuste, alte Schafrasse ausgestorben. Still und unbemerkt war sie aus der Landschaft und von den Höfen verschwunden. Ihre Haltung sei nicht wirtschaftlich, werfe zu wenig Ertrag ab. Denn die Preise für Wolle und Schaffleisch sind im Zuge der Industrialisierung und Globalisierung der Landwirtschaft immer weiter gefallen. Der Aufstieg synthetischer Fasern ließ die Nachfrage nach Wolle schwinden, und mit der Wolle von den riesigen Merinoschaf-Farmen in Australien konnten die Rhönschafhalter ebenso wenig konkurrieren wie mit dem billigeren Lammfleisch aus Neuseeland. (Dass ich als Umweltschützerin es skandalös finde, dass Fleisch von der anderen Seite des Erdballs hier billiger sein kann als einheimische Ware, versteht sich von selbst). So waren Ende der 80er Jahre nur noch ca. 300 Herdbuchtiere des Rhönschafs übrig geblieben.

Dabei hat die Rasse durchaus Vorteile, weshalb ihre Gene für zukünftige Generationen noch wichtig werden könnten: Sie ist robust, weil sie sich an das raue Mittelgebirgsklima und die mageren Böden der Rhön angepasst hat. Karges Futter ist für die genügsamen Tiere kein Problem. Darüber hinaus gilt ihr Fleisch als besonders schmackhaft. Schon Napoleon soll (nach einem kurzen Aufenthalt in der Rhön 1813) ausdrücklich Fleisch vom Rhönschaf verlangt haben. Daraus entstand ein kontinuierlicher Export von Rhönschafen nach Frankreich. Bis zu 80.000 Tiere wurden im 19. Jahrhundert pro Jahr als Wanderherden in unser Nachbarland getrieben. Dass ihr Fleisch besonders aromatisch ist, liegt zum einen am kräuterreichen Futter auf den Bergwiesen der Rhön. Zum anderen wachsen die Tiere langsamer als andere Rassen, was ihr Fleisch besonders zart macht. Sie brauchen daher auch einige Monate länger, um das übliche Schlachtgewicht zu erreichen. Das macht ihre Aufzucht aber auch teurer, womit wir wieder bei ihrem knapp verhinderten Aussterben wären …

Die Rettung für das Rhönschaf war seine Entdeckung als Landschaftspfleger im Naturschutz. In der Rhön gibt es – neben anderen geschützten Biotopen – vor allem die seltenen Kalkmagerrasen. Diese extrem kargen, oftmals sehr felsigen Wiesen bieten vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten den speziellen, von ihnen benötigten Lebensraum. Diese sogenannten Hutungen (abgeleitet vom Verb hüten) sind über die Jahrhunderte durch Beweidung entstanden, und wenn man sie nicht mehr nutzt, werden sie von anderen Gräserarten und schließlich von Büschen und Bäumen überwuchert. Mit den Schafherden drohten daher auch die Kalkmagerrasen und ihre seltenen Bewohner zu verschwinden. Dies rief Naturschützer vom BUND auf den Plan, die die wertvollen Lebensräume erhalten wollten. Die Bewirtschaftung dieser Flächen ist jedoch mit Maschinen nicht möglich und per Hand sehr aufwändig und damit teuer. So kamen die Rhönschafe und ihre verbliebenen engagierten Züchter wieder ins Spiel 🙂

Naturschutz- und auch Förderprogramme zur Erhaltung seltener Haustierrassen wurden aufgelegt. Auch wenn die Haltung von Rhönschafen ohne diese Hilfen immer noch „unwirtschaftlich“ wäre, konnten sie auf diese Art gerettet werden. Die Herden erfüllen einen guten Zweck und erfreuen nebenher als knuffige Sympathieträger Einheimische und Touristen. Auch als regionale Delikatesse stehen sie wieder hoch im Kurs!

Heute gibt es ca. 7.000 Herdbuchtiere, denen wir als Wanderer in der Rhön oft begegnen können. Einen – auch landschaftlich reizvollen – Lehrpfad zu den Rhönhutungen gibt es an der Hohen Geba, den Schäferweg. Mit gerade einmal 5 km Länge ist er auch für ungeübte Wanderer oder Kinder gut machbar. Schäfer mit ihren Herden haben wir aber auch bei vielen anderen Touren getroffen, zum Beispiel auf dem Weinberg bei Hünfeld oder am Grünen Band oberhalb von Tann, beim Grimbachtalstausee in Thüringen ebenso wie am Dreienberg bei Friedewald.

Wenn Ihr Leckeres vom Rhönschaf probieren wollt, könnt Ihr das natürlich in zahlreichen Restaurants und Berghütten tun. Ein besonderes Erlebnis ist aber der Besuch einer Schäferei, denn dort habt Ihr nicht nur die Möglichkeit, direkt vom Erzeuger zu kaufen, sondern könnt die Schafe und Hütehunde auch live erleben und den Schäfern Eure Fragen stellen. Uns hat es jedenfalls beim Rhönschäfer Weckbach in Wüstensachsen sehr gut gefallen, und auch auf dem Spiegelshof in Melperts wurden wir von der Schäferin sehr freundlich empfangen 🙂

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